Frau von Rênals Stirnrunzeln, oder vielmehr sein Ärger über seine Unvorsichtigkeit, war der erste Schlag gegen Julians Traumwelt. »Luise ist lieb und gut«, sagte er sich. »Sie ist stark verliebt in mich. Aber sie ist im feindlichen Lager erzogen. Diese Aristokraten müssen ja Angst haben vor jedem herzhaften Mann, der eine gute Bildung, aber nicht genug Geld hat, Karriere zu machen. Was würde aus all den Adligen, wenn uns Plebejern die Möglichkeit gegeben wäre, mit gleichen Waffen auf den Kampfplatz zu treten? Ich zum Beispiel, wenn ich Bürgermeister von Verrières wäre, ich, ein Idealist und ein redlicher Mensch (letzteres ist ja Rênal im Grunde auch!) … ich wollte diese Spitzbuben bald an die Luft gesetzt haben, diesen Vikar, diesen Valenod und wie sie alle heißen! Die Gerechtigkeit sollte in Verrières triumphieren! Die geistigen Fähigkeiten dieser Leute würden mir keine Hindernisse bereiten. Das Pulver haben sie alle miteinander nicht erfunden!«
Julians Glück war an diesem Tage nahe daran, beständig zu werden. Er brauchte nur offen und natürlich zu sein. Er hätte den Mut haben müssen, eine Schlacht zu liefern und dies auf der Stelle. Frau von Rênal war über Julians Rede zunächst betroffen, weil sie durch Mitglieder ihrer Gesellschaftsklasse oft hatte behaupten hören, das Emporkommen eines zweiten Robespierre wäre sehr wohl möglich, da so viele junge Leute aus den niederen Ständen viel zu viel Bildung hätten.
Frau von Rênals Verhalten blieb kühl. Julian kam es sogar außerordentlich kühl vor. In Wirklichkeit gesellte sich zu ihrem Abscheu vor Julians rebellischen Worten der Kummer, ihm ungewollt etwas Häßliches gesagt zu haben. Dieses Unbehagen spiegelte sich in ihrem Gesicht, das so voll Sonne und Unschuld war, wenn sie sich glücklich und dem Alltag fern wähnte.